SPD-Mitglieder votieren zu 66% für Regierungsbeteiligung
Was die meisten politischen Beobachter erwartet und die Groko- bzw. Minko-Gegner befürchtet haben, ist nun Realität geworden. Am 4.März 2018 wurde das Ergebnis des SPD-Mitgliederentscheids bekanntgegeben. Danach haben 66% (239.604 Stimmen) für und 34% (123.329 Stimmen) gegen eine dritte Beteiligung der SPD an einer Merkel-Regierung votiert. Dazu stellt SPD-Chef Scholz ohne Euphorie und miesepetrig fest: „Wir haben jetzt Klarheit und die SPD wird in die nächste Bundesregierung eintreten“. Die Beteiligungsquote lag bei 78,4% – 138.833 Mitglieder haben sich nicht am Entscheid beteiligt. Und damit ist Kanzlerin Merkel die große Gewinnerin des Sonntags und kann ihre vierte Amtszeit, mit breiter Unterstützung aus dem Bundestag, entgegensehen. Nachdem die sogenannten Jamaika-Sondierungen von CDU, CSU, FDP und GRÜNEN unter der Moderatorin Angela Merkel kläglich scheiterten, hat sich die Kanzlerin mal wieder eigenhändig aus dem parteipolitischen Sumpf befreien können. Die letzten fünf Monate waren für sie, so die FINANCIAL TIMES aus London, ein politisches Fegefeuer (wie Machtverlust, Neuwahlen, Minderheits-Regierung) gewesen. Damit hat sie ihr eigenes (und ursprüngliches) Ziel erreicht. Die SPD ist wieder Teil der Regierung und wird Merkel das Regieren nicht schwer machen. Obwohl diese Formation (Groko bzw. Minko) nur die Ausnahme sein sollte, da es die politischen Ränder stärkt. Und nach einer aktuellen Umfrage lehnen 55% der Bürger diese Koalition ab.
Da die stolze (Ex-Arbeiterpartei) SPD aber auch eine staatstragende Partei ist (und nicht nur eine Reformpartei), hat sie die Verantwortung für eine stabile Regierung mal wieder übernommen, um sich an den Problem-Lösungen in Staat und Gesellschaft zu beteiligen. So wie 1918 nach dem Scheitern der Monarchie, Eintritt in die erste Groko mit F.-J.Strauß 1966, den NATO-Doppelbeschluss unter H.Schmidt und der (unbeliebten bzw. verhassten) Agenda-Politik von G.Schröder. Der geschäftsführende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz, auch Scholzomat genannt, vertrat am Sonntag die seltsame Ansicht, wonach die Partei nach innerparteilichen Auseinandersetzungen in den letzten Monaten nun wieder eine geeinte Partei sei.
Das sehen die Groko-/Minko-Gegner ganz anders. Juso-Chef Kevin Kühnert, wir machen weiter gegen Groko, einem weiter so und Stillstand. Hilde Mattheis (MdB und Vorsitzende Demokratische Linke 21) sagte im Inforadio des RBB, man könne nicht einfach ein Drittel der SPD-Mitglieder zur Seite schieben. Die Parteispitze müsse jetzt ihr Versprechen einlösen und die Erneuerung der SPD einleiten. Diese müsse basisorientiert geschehen. „Das kann man nicht einfach von oben nach unten verordnen“, so die 63-Jährige. Und der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow aus Dortmund erklärte, er wisse noch nicht, ob er Angela Merkel am 14. März erneut zur Kanzlerin wählen werde. „Ich habe vier Jahre lang dafür gearbeitet, dass die große Koalition endet, nun stehe er vor einer heftigen Gewissensangelegenheit“.
Schon die Neubesetzung des Posten des Generalsekretärs war nicht im Sinne der Partei-Linken gelaufen: Lars Klingbeil und der neue Parlamentarische Geschäftsführer Carsten Schneider aus Thüringen gehören dem konservativen Seeheimer Kreis an. Der kündigte im SWR an, die Partei erneuern zu wollen: „Es wird jetzt im Jahr 2018 darum gehen, dass wir die SPD umbauen, und das ist, was wir gemeinsam ab heute beginnen werden“, sagte der 40-Jährige. Welche Rolle aber die neue (und zu wählende) Parteivorsitzende Andrea Nahles in Zukunft spielen wird, ist noch etwas unklar. Wird sie sich mit der Rolle der Fraktionsvorsitzenden begnügen, und die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Merkel politisch angreifen, während die sechs (SPD-) Minister treu und loyal in der Merkel-Regierung ihre Pflicht tun oder strebt sie nicht doch noch ein Ministeramt an. Frei nach dem Motto: Lieber eine Durchschnitts-Ministerin, als eine machtlose Fraktions-Chefin im Blickfeld von Merkel. Denn die nächste Wahl kommt bestimmt und nach zwei Jahren wollen die Sozialdemokraten die Regierungsarbeit (kritisch) bewerten und dann … – bricht die unbeliebte Koalition auseinander und es kommt zu Neuwahlen.
Und so hat die einfache Mehrheit der SPD-Mitglieder mit 239.604 Stimmen (von insgesamt 463.722 Parteimitglieder die sich am Votum beteiligt haben) aus Sorge vor drohenden Neuwahlen noch einmal das kleinere Übel gewählt. In den aktuellen Umfragen liegt die SPD nur noch zwischen 16 und 19 Prozent und damit noch einmal unter den historisch schlechten 20,5 Prozent von der Wahl am 24. September 2017.
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