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Hans-Jürgen Kupka

ARD will mehr Werbung ausstrahlen


Foto - hr.de


Im Fernsehen darf die ARD von Montag bis Samstag jeweils 20 Minuten Werbung ausstrahlen. Die Brutto-Einnahmen für 2019 betragen immerhin 298,6 Mio. Euro. Doch damit will sich die ARD nicht zufrieden geben. Auf der jährlichen „ARD-Medienlese“, veranstaltet von der Vermarktungstochter ARD-Werbung Sales & Services (AS&S) für ihre Top-Werbekunden, im Frankfurter Luxushotel Villa Kennedy (neben Erfolgsmeldungen geht es um Ausblicke auf kommende Programmhighlights im ERSTEN), sorgte die AS&S-Chefin Elke Schneiderbanger für eine medienpolitische Überraschung. Sie präsentierte zwei Tortendiagramme zur Werbeakzeptanz aus der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation. Danach finden 73 % der Deutschen Werbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Ordnung und auch 59 % würden Werbung in den Mediatheken von ARD und ZDF akzeptieren.

Die ARD-Vermarkterin ließ die Daten unkommentiert und erwähnte auch nicht, dass dem ÖRR jegliche Form von Werbung auf digitalen Plattformen gesetzlich verboten ist. Der HR-Intendant Manfred Krupp ergriff das Wort und kam direkt auf den Punkt. Zuvor würdigte er noch das Rundfunkbeitragsurteils des Bundesverfassungsgerichts: "Uns wurde bescheinigt - wir sind unverzichtbar!" Unsere Zukunft liegt immer mehr im Digitalen und in der zeitunabhängigen Nutzung von Video und Audio. Das größte Wachstum haben wir nicht mehr bei den Jungen, sondern in den mittleren Altersgruppen. Die Nutzungsdauer beim zeitversetzten Bewegtbild beträgt bei: 14-29-Jährigen 78 %, 30-39-J. 54 %, 40-49-J. 39 % - bei über 50-J. über 14 % und bei über 70-J. nur 3 %. Insgesamt nutzen nur noch 69 % lineares Fernsehen.

Für die ÖRR-Werbung werde es als Folge dieser Entwicklung immer schwieriger, so Krupp: "Im linearen TV nimmt die Werbung ein Prozent unserer täglichen Sendezeit ein, im Digitalen herrscht Wüste. Das muss einen beschäftigen, denn wenn die Werbung perspektivisch abnimmt, muss der Beitrag entsprechend steigen." Wenn ARD und ZDF werbefrei wären, so Krupp, läge der Rundfunkbeitrag heute bei mindestens 20 Euro. Sein Fazit: Die Politik könne ihr Ziel der Beitragsstabilität nicht halten, wenn mit dem Rückgang der linearen Nutzung auch die Werbung wegfalle.

"Sie sollten sich dafür einsetzen", empfahl Krupp der Werbewirtschaft, "dass Sie bei uns auch in der Mediathek und in der Audiothek werben dürfen, wenn Sie weiterhin Menschen erreichen wollen, die Qualität suchen und denen Gemeinwohl am Herzen liegt. Wir sind da eher schüchtern und zurückhaltend, wie es unsere Art ist. Aber Sie können das zum Thema machen." Durch das BVG-Urteil erhält der ÖRR in den nächsten vier Jahren zusätzlich 1,6 Mrd. €, jährlich stehen rd. 10 Mrd. € zur Verfügung und dennoch wird wieder das Klagelied angestimmt. Die Medienpolitik sprach bisher nicht über eine Liberalisierung der ÖRR-Werberichtlinien. Warum der Intendant vom Hessischen Rundfunk gestern diese Flanke öffnete, dürfte die Öffentlichkeit mit Kopfschütteln quittieren. Denn nun sind wieder lautstarke Grundsatzdebatten zu erwarten – nicht nur aus den östlichen Ländern wie Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Und das kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit.



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