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Der RBB will sich halbieren - 2032


RBB-Direktorium mit Intendantin Demmer (links) und Direktorinnen Küchler-Stahn (Mitte) und Günther (rechts) - Foto rbb/Oliver Ziebe


Die finanzielle Situation beim RBB ist seit dem Schlesinger-Desaster noch immer sehr prekär. Die größten Trümmer hat zwar Übergangs-Intendantin Katrin Vernau (kam für 1 Jahr vom WDR) beiseite geräumt, aber die ör Sendeanstalt für Berlin und Brandenburg ist weiterhin in einer wirtschaftl. Notlage. In 2 Jahren werden über 49 Mio € eingespart und im Programm massiv gekürzt und umgeschichtet (13 Mio). Zudem belasten in juristischen Auseinander-setzungen mit den Ex-Führungskräften Schlesinger & Co. Millionen Euro die (leere) RBB-Kasse. Der Prozess gegen Frau Schlesinger wurde auf Bitte des RBB auf 2025 verschoben. Mit noch mehr Geld wurde eine neue Anwaltskanzlei betraut, da man sich in der Intendanz sorgte, den Prozess zu verlieren, mutmaßt der „Tagesspiegel“. Insgesamt sind somit schon über 4 Mio € verbraucht worden.


Nach 12 Monaten als Intendantin, fand am Mittwoch (28.8.24) nun das erste Pressegespräch mit Ulrike Demmer in der 14. RBB-Etage statt. Endlich möchte man sagen – bei dem Problemberg hätte sie eigentlich schon im letzten Winter ein Gespräch bei heißem Tee suchen müssen. Zu den ersten Ankündigungen der Intendantin gehörte 2023 das Konzept „Zielbild 2028“ für einen „schlankeren und beweglicheren Sender“, von dem aus die programmliche und strukturelle Verfasstheit des RBB abgeleitet werden soll. Damit, so Demmer, wolle man den Sender „neu aufstellen und zukunftsorientiert konsolidieren“. Die Akzeptanz soll gestärkt, Programme erneuert, die Qualität steigen und der RBB modernisiert werden. Auch mit weniger Geld sollen die Programme und nicht die Verwaltung im Mittelpunkt stehen. Interessante Aussage von einer ör Intendantin (eine ehemalige Journa-listin bei „Spiegel“ und „Focus“, RBB-Redakteuerin und zwischen 2016 und 2021 stellvertre-tende Regierungssprecherin im Bundespresseamt auf dem SPD-Ticket).


Der RBB soll, so Demmer, vom Hauptstadt- zum Heimatsender umgeformt werden. Er soll regionaler, vielfältiger, diverser (insbesondere für junge Leute) und nahbarer werden. Der Begriff Sender sei heutzutage ein falscher Begriff, man werde den RBB zu einer Kommunikationsplattform umbauen. Man wolle die Bürger in Stadt (auch in den Berl. Bezirken) und Land stärker in die Dialog-Sendungen einbeziehen. „Raus aufs Land“ und „Wir wollen reden“ (die Monats-Sendung wurde aber von 90 auf 60 Min. reduziert – warum Prog.-Dir. Katrin Günther?), zudem das neue Format „Politik & Wir“ (bisher nur online). Für Leute unter 29 Jahren nimmt der RBB Geld in die Hand (diese Altersgruppe hatte den RBB in einer Image-Studio negativ bewertet) und wird auf Tiktok einen Nachrichten-Kanal einrichten. Und es sind junge Unterhaltungsformate vorgesehen.


Intendantin und Direktorinnen (ein Novum im ÖRR, besteht das Direktorium aus drei Frauen) sprachen auch die „schmale Kasse“ an. Es schadet nicht darauf zu verweisen, es müsse immer in den Proportionen des ÖRR gedacht werden, der insgesamt über rd. 10,8 Mrd € an Einnahmen verfügt (13 Anstalten). Im Herbst will der RBB einen Wirtschaftsplan für den Zeitraum 2024 bis 2028 veröffentlichen. Die Mehrerträge aus dem Rundfunkbeitrag sind nicht wie von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) gefordert bis zum Ende der aktuellen Beitragsperiode zurückgelegt worden, sondern in den laufenden Haushalt einge-flossen. Insgesamt sinken die Aufwendungen 2024 um rund 41 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr. Dieses Sparprogramm stammt jedoch noch von Katrin Vernau, da die Zahlungs-fähigkeit nicht mehr sichergestellt war. Dazu gehören unter anderem auch der Abbau von 100 Arbeitsplätzen bis zum 1. Januar 2025.


Kritik kommt auch aus der Belegschaft. Nach Ansicht der Journalistin Martina Schrey (1. Vorsitzende des Personalrats von rd. 3.500 festen und freien Mitarbeitern), wollen diese noch keinen Schlussstrich unter den Skandal ziehen. Bei der Führung insgesamt, vor allem bei den Leitungen unterhalb der Direktoren, sei jedoch „noch viel Luft nach oben“. Zu den Fragen gehörte auch, ob eine Kürzung des Budgets erforderlich sei. Zwei Drittel halten das in einer Umfrage für notwendig. „Aber nach wie vor gibt es unter den Mitarbeitern Kritik, an den Veränderungsprozessen nicht ausreichend beteiligt zu werden“, so Martina Schrey zur FAZ. Vor allem wird gefordert, dass nicht nur die neue RBB-Leitung transparenter und aufgeschlossener auf Vorschläge aus der Belegschaft reagieren müsste. „Es muss ein Kulturwandel bei allen Führungskräften stattfinden. Es geht ihnen darum, nicht nur ‚nach vorne‘ zu schauen, wie es Ulrike Demmer angekündigt hat, sondern weiterhin auch Fehlentwicklungen in der Vergangenheit aufzuarbeiten. Es muss sich noch mehr in diesem Haus verändern, als bisher geschehen ist“, so die Personalratsvorsitzende zur FAZ.


Beim RBB wird seit 2 Jahren knallhart gerechnet. Das vor einem Jahr berechnete Defizit für Ende 2028 von 123 Mio € sei mittlerweile auf prognostizierte 7,8 Mio € geschrumpft. Derzeit liegt die Anstalt im beschlossenen Sparplan von 41 Mio € im Jahr. Und wenn die geplante, aber von aktuell 7 Bundesländern vorab abschlägig beschiedene Erhöhung des Rundfunk-beitrags zum 1. Januar 2025 nicht kommt? Der Mehrbetrag sei im Wirtschaftsplan berechnet, aber derzeit gesperrt. Gerechnet auf vier Jahre handele es sich in Summe um 58 Mio €, die dann nicht zur Verfügung stünden. Mit jedem Tag werde es unwahrscheinlicher, dass die Erhöhung zumindest zum Jahresbeginn komme, so Verwaltungschefin Küchler-Stahn. Falls die Erhöhung komplett ausbleibe, sei ab 2026 mit weiteren strukturellen Einsparungen zu rechnen. Intendantin Demmer verwies auch auf zwei notwendige Nullrunden bei anstehenden Tarifverhandlungen. Die Gewerkschaften fordern 10,5% - unterstützt mit kleinen Streik-aktionen. Bereits die aktuelle finanzielle Situation führt dazu, dass die Produktion fiktionaler Formate wie Filme und Serien auch im kommenden Jahr weiter ausgesetzt ist. Ausnahmen sind „Tatort“, „Polizeiruf“ und eine Degeto-Spielfilmproduktion.


Für den Paukenschlag am Mittag (knapp vor 12 Uhr) sorgten Intendantin Demmer und Direktorin Nicole Küchler-Stahn (für Verwaltung, Produktion und Betrieb). Nach dem Verkauf von je 2 be- und unbebauten Grundstücken in Potsdam, strebt der RBB eine spürbare Verkleinerung seiner Betriebsflächen in Berlin an und möchte das Fernsehzentrum (FSZ/ Baujahr 1969/70) verkaufen. "Wir wollen unser Geld nicht in den Erhalt von Gebäuden stecken, die wir künftig nicht mehr benötigen. Unser Ziel ist es, das Fernsehzentrum und das Parkhaus in Berlin zu verkaufen und damit unsere Flächen in Berlin mittelfristig in etwa zu halbieren. Alle dafür notwendigen Prüfungen sind jetzt beauftragt, die Umsetzung könnte schon Ende kommenden Jahres beginnen", so Ulrike Demmer. Prognosen zu einem möglichen Erlös wollte sie nicht abgeben: "Für uns steht im Vordergrund, dass wir mittelfristig - so die Prognose heute - ca. sechs Millionen Euro Unterhalt pro Jahr sparen können. Wenn die nun eingeleiteten Prüfungen unsere bisherigen Überlegungen bestätigen, werden wir rund 56.000 Quadratmeter Büro- und Studioflächen räumen. Wir machen unsere Arbeit dann künftig in Berlin im Haus des Rundfunks, dank neuer Arbeitsweisen und veränderter Technik ist das möglich. Zur Wahrheit gehört aber auch, es handelt sich aktuell um eine „Richtungsentscheidung“, so Nicole Küchler-Stahn. Erst im Jahr 2032 soll die endgültige Endscheidung getroffen werden. Zudem werden sich mit Sicherheit Politiker und Kulturleute zu Wort melden, stehen doch beide Gebäude unter Denkmalschutz. Und ob im Haus des Rundfunks (HdR) überhaupt ein FS-Studio eingebaut werden kann, wissen derzeit noch nicht einmal die Experten.


Der ARD-Reform-Prozess ist für Intendantin Demmer ein langer und schwieriger Weg – im Föderalismus ist alles komplizierter und nicht so einfach. Aber die ARD hat ja im Technik-bereich und bei den Kompetenz-Center (für Genre-Bereiche in den Dritten Programmen) bewiesen, dass es vorangeht. „Wir haben die Chance, den ÖRR anders zu denken.“ Ange-sprochen auf eine zentrale ARD-Einheit, zB für die „Allgemeine Verwaltung“ der 9 LRA, sagte Demmer, da müssen wir auf die ARD vertrauen. Der Punkt ist aber, die ARD ist nicht der Akteur – das sind die 9 Landesrundfunkanstalten (LRA), also Intendantin Demmer und ihre 8 Kollegen. Kritiker innerhalb und außerhalb des ÖRR haben Zweifel, ob die Sendeanstalten und ihre Führungskräfte überhaupt in der Lage sind, den ÖRR zukunftstauglich umbauen und reformieren können bzw. wollen. So sind sich ARD-Chef Gniffke und ZDF-Chef Himmler sicher, die (Reform-) Hausaufgaben erledigt zu haben, was Kritiker aber bestreiten. Wenn aber in den ör Kassen Ebbe herrscht, sollte aus der Not eine Tugend gemacht werden. Das waren die Eingangsworte von Demmer in der 14. Etage im Funkhaus. Der RBB und Ulrike Demmer könnten Rdf.-Geschichte schreiben, wenn sie es denn wollten und einen Milliarden-Betrag durch Personal-Reduzierung im ARD-Verbund einsparen. Könnten.



Aus dem RBB-Immobilienpapier:


Die Gebäude in Berlin verzeichnen einen erheblichen Sanierungs- und Instand-setzungsbedarf, der über den Regeletat Gebäude-Management nicht finanzierbar ist. In Berlin ist der Flachbaubereich des Fernsehzentrums (FSZ mit 14 Etagen: 56.162 m², davon Bürofläche 10.800 m² mit 812 Arbeitsplätzen und 2 FS-Studios), (Studio B, Studio C und Vorbauhalle) stillgelegt. Die Flächen sind ohne hohe finanzielle Aufwendungen nicht zu reaktivieren und einer neuen Nutzung zuzuführen. Der Bedarf an Studio- und Werkstattflächen hat im rbb deutlich abgenommen und wird sich künftig weiter verringern. Hintergrund ist, dass der rbb seine Fernsehformate mit großen Realdekorationen und Publikum, die einen hohen Platzbedarf haben, reduziert hat. Die Flächen werden in Form und Umfang nicht mehr benötigt. Jährlich steigen die Gebäudenutzungskosten um ca. 2,5 % (statistischer Verbrauchspreisindex) bzw. ca. 5 % für Instandhaltungsbedarfe (statistischer Baukostenindex) durch allgemeine Preissteigerungen und Inflation auf Grundlage der statistischen Entwicklungen vorgenannter Indizes im Zeitraum der letzten 10 Jahre (2013 bis 2023). HdR: Fläche 31.800 m², davon Bürofläche 9.000 m² mit 723 Arbeitsplätzen.


Die Medien- und Energiekosten sind überproportional um rd. 11 % in den Jahren 2019-2022 gestiegen. Zielsetzung des rbb zur Konsolidierung (Zielliquidität bis 2028) erfordert nachhaltige Einsparungen bei den Gebäudenutzungskosten. Die KEF erwartet die Umsetzung der Empfehlungen aus dem Immobiliengutachten, u. a. Steigerung der Flächennutzungs-effizienz und Heben von Verwertungspotentialen. Das Nutzungsverhalten und die Auslastung von Arbeitsplätzen haben sich seit Beginn der Corona-Pandemie und mit der Einführung „Mobiler Arbeit“ enorm verändert. Die Arbeitsplatz-Auslastung ist ineffizient. Die Fortschrei-bung Status Quo im Immobilienbereich ist für rbb nicht finanzierbar, lt. Prognose ein Mehraufwand von durchschnittlich 12 Mio € pro Jahr ab 2025. Der rbb wird eine einspar-orientierte Immobilienstrategie entwickeln und umsetzen: den Immobilienbestand insgesamt über alle Flächenarten etwa um rd. 50 % verkleinern, weitgehend alle Mietflächen abmieten und die Nutzungen in rbb-Bestandsgebäuden integrieren, Desksharing für alle Direktionen/Bereiche einführen und mobiles Arbeiten fördern, nicht mehr betriebsnotwendige Gebäude veräußern und die Flächenbereitstellung nur auf seinen Eigenbedarf ausrichten.


Wann wird der angedachte Plan realisiert werden? Das wird ein längerer Prozess bis 2032. Es sind viele Vorarbeiten und eine sorgfältige Planung von Maßnahmen erforderlich, die sukzessive abgearbeitet werden müssen. Einsparungen sind im Wesentlichen erst ab 2032 zu erwarten, in Abhängigkeit von der Umsetzungsplanung und den Verwertungsoptionen.


Wann wird das FSZ verkauft? Das lässt sich noch nicht genau sagen. Insbesondere muss der rbb das Gebäude noch so lange nutzen, bis im HdR und in Potsdam die Voraussetzung geschaffen wurden, die Flächen aus dem FSZ zu integrieren. Ende kommenden Jahres soll es Klarheit über einen Zeitplan geben. Die Nachfrage nach Büroimmobilien ist aktuell schlecht. Ist ein Verkauf des FSZ realistisch, angesichts der angespannten Immobilienmarktlage? Es gibt auch andere Nutzungsmöglichkeiten, die ggf. für Investoren von Interesse sein könnten. Das Gebäude liegt in einem B-Plan Gebiet, das die Unterbringung von Anlagen für den Rundfunk vorsieht. Entsprechend sind für einen Verkauf auch planungsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Wo soll künftig die Abendschau produziert werden, wenn die FS-Studios mit dem FSZ verkauft werden? In Berlin. Im HdR gibt es Umnutzungspotentiale, die räumlich passen würden. Die produktionstechnischen und baulichen Voraussetzungen/ Erfordernisse sind noch genauer zu prüfen. Was passiert mit den Regionalstudios und Regionalbüros, wird der rbb diese abmieten/aufgeben? Nein, sie sind im Staatsvertrag festgeschrieben.


Der rbb hat in den letzten Jahren viel ins FSZ investiert. Welche Summen sind in den vergangenen Jahren investiert worden in 13. OG, 5.OG, CNC (6. und 7. OG) sowie Dachlounge mit Dachterrasse? In den vergangenen Jahren sind für diese Projekte rd. 21 Mio. € investiert/aufgewendet worden. Für das CNC werden ergebnisoffen Unterbringungs-alternativen in Potsdam und Berlin im HdR geprüft. Geplant ist wie erwähnt eine Umsetzung bis 2032. Bis dahin wären insbesondere die technischen Investitionen abgeschrieben. Der Umbau (längere Abschreibung) könnte sich je nach Verwertungsvariante ggf. etwas werterhöhend auf den Verkehrswert auswirken und wäre damit nicht verloren. Bei Verkauf Parkhaus: wo gibt es in Berlin mögliche Ersatzflächen für Produktionsfahrzeuge? Das ist noch ungeklärt, ein Konzept zur alternativen Unterbringung wird jetzt erarbeitet. Was passiert in Potsdam, wird der Standort kleiner, sind dort Neubauten geplant? Nein, aktuell ist davon auszugehen. dass die vorhandenen Flächen ausreichen


Wäre es nicht besser erst das Zielbild Programm zu haben/zu entscheiden bevor über mögliche Szenarien zur Unterbringung entscheiden wird.? Grundsätzlich ja, nach dem Prinzip Form follows function wäre das so richtig. Deshalb lagen schon der Vorprüfung erste Annahmen von Programm und Medientechnik zum künftigen Bedarf zu Grunde.


  

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