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Hans-Jürgen Kupka

Die neuen alten Geldsorgen bei ARD und ZDF


© ARD-Hauptstadtstudio/Wolfgang Scholvien


Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR), die Hauptverantwortlichen und deren Spitzengehälter. Kaum eine Woche vergeht, ohne das nicht in einem Medium über die Finanzen berichtet wird. Der gesamte ÖRR in Deutschland, mit insgesamt 13 Sendeanstalten (inkl. Arte – wird je zu 50 Prozent aus Deutschland und Frankreich finanziert), hat jährlich bis zu 11 Mrd. Euro zur Verfügung. Einnahmen aus Gebühren, Werbung, Zinserträgen, Vermietungen, Programmverkäufen und weiteren Betriebserlösen – sowie Steuern aus der Bundeskasse für die Deutsche Welle. Und dennoch reichen diese Milliarden nach Ansicht der Intendanten und Intendantinnen nicht aus. Zu den 8 Mrd. Euro Gebühren (Rundfunkbeiträge), sollen ab Januar 2021 noch einmal ca. 400 Mio. Euro hinzukommen. Der Beitrag soll von monatlich 17,50 auf 18,36 Euro erhöht werden. Schon 2016 haben die 16 Länderchefs den Anstalten aufgetragen, den ÖRR zu reformieren, um so auch hohe Summen einzusparen. Aber der ÖRR will in den nächsten 8 Jahren pro Jahr nur ca. 130 Mio. Euro sparen. An den (kostenträchtigen) Strukturen soll sich aber nichts ändern – hier verweigern sich die Hauptverantwortlichen und fordern wie selbstverständlich noch mehr Geld. Das erweckt den Anschein, als seien die Strukturen des ÖRR in Stein gemeißelt – sakrosankt.


Kaum nachvollziehen können viele Bürger, Beitragszahler, Arbeitnehmer, Unternehmer und Politiker (Männer wie Frauen)die Höhe der Spitzengehälter beim ÖRR.


Die gesamten Gehälterstrukturen der ör Belegschaften (Festangestellte) liegen weit über dem Niveau des öffentlichen Dienstes (TVöD) und Bezügen von Spitzenpolitikern in Bund und Ländern. Auch die Finanzprüfer der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs für den ÖRR) haben die „üppigen Jahreseinkommen und Versorgungsbezüge“ kritisiert.

Wie alt das Thema der zu hohen Gehälter und auch Nebenverdienste ist, zeigt ein Blick ins Jahr 2013. „Wir haben nichts zu verbergen und sind schon heute ein vielfach geprüftes und beaufsichtigtes Unternehmen.“ Das sagte der NDR-Intendant Lutz Marmor in einem DWDL.de-Interview (5.8.2013). Zuvor hatte der „Spiegel“ über die üppigen Bezüge berichtet. So konnte die aus dem Amt geschiedene WDR-Intendantin Monika Piel ihr Gehalt im vergangenen Jahr um 58.922 Euro aufstocken, ZDF-Intendant Thomas Bellut freute sich in den ersten Monaten seiner Amtszeit immerhin über 33.291 Euro. Und auch Lutz Marmor verdiente sich laut „Spiegel“ dank Mandaten bei zwei Banken und einer Versicherung noch 27.000 Euro hinzu (DWDL.de 5.8.2013).


Wie hoch die aktuellen Gehälter ihrer Führungskräfte sind, haben ARD und ZDF veröffentlicht – sie sind dazu verpflichtet (epd 13.8.20). WDR-Intendant Tom Buhrow ist nach wie vor Spitzenreiter unter den ör Intendanten. Danach erhielt er 2019 eine Grundvergütung von 395.000 Euro. Über Nebeneinkünfte werden aber keine Informationen (mehr) mitgeteilt. An zweiter Stelle liegt BR-Intendant Ulrich Wilhelm, dessen Bezüge von 367.000 Euro im Jahr 2016 auf 388.000 Euro stiegen. Der damalige NDR-Intendant Lutz Marmor erhielt im vergangenen Jahr 365.000 Euro, das waren 17.000 Euro mehr als noch 2016. SWR-Intendant Kai Gniffke erhielt 343.000 Euro, sein Vorgänger Peter Boudgoust hatte 2016 noch 338.000 Euro erhalten. HR-Intendant Manfred Krupp bezog 286.000 Euro, 11.000 Euro mehr als drei Jahre zuvor.


MDR-Intendantin Karola Wille lag unverändert bei 275.000 Euro. RBB-Intendantin Patricia Schlesinger erhielt 261.000 Euro, 4.000 Euro mehr als 2016. Radio-Bremen-Intendantin Yvette Gerner erhielt 270.000 Euro, 13.000 Euro mehr als ihr Vorgänger Jan Metzger 2016. SR-Intendant Thomas Kleist bezog 245.000 Euro und damit 8.000 Euro mehr als drei Jahre zuvor. ZDF-Intendant Thomas Bellut bezog nach Angaben des ZDF im Jahr 2018 einschließlich Sachbezügen knapp 369.000 Euro, das waren 47.000 Euro mehr als noch 2015. Die Direktoren der ARD kommen auf Monatsgehälter zwischen 19.989 (NDR) und 14.202 Euro (SR). Programmchefs und Hauptabteilungsleiter auf monatliche Bezüge zwischen 13.876 (NDR) und 10.315 Euro (SR). Die Monatsgehälter für Redakteure lagen zwischen 3681 bis zu 10.728 Euro, wobei die Festangestellten nach nur 20 Dienstjahren die höchste Gehaltsstufe erreich haben. Ein Sonderfall beim ÖRR. Wie extrem die Gehälterunterschiede zwischen ÖRR und dem öffentl. Dienst sind, mach ein Vergleich mit den Präsidenten deutscher Bundesämter deutlich. Diese verdienen im Jahr max. 130.000 Euro und auch das gesamte Jahreseinkommen der Bundeskanzlerin liegt unter 300.000 Euro.


Die Kanzlerin verantwortet mit ihrer Regierung einen Jahreshaushalt von 356,4 Mrd. Euro im Jahr 2019. Und die 10 Chefs des ÖRR, die teilweise mehr verdienen? Diese sind für Haushalte verantwortlich, die nur einen (sehr geringen) Teil des Bundeshaushaltes umfassen. Die Euro-Summen reichen von 2,4 Mrd. (ZDF), 1,59 Mrd. (WDR), 1,368 Mrd. (SWR), 1,2 Mrd. (NDR), 1,13 Mrd. (BR), 724 Mio. (MDR), 603 Mio. (HR), 565 Mio. (RBB), 130 Mio. (SR) bis zu 107 Mio. (Radio Bremen). Anhand dieser Summen und den Jahresgehältern der Senderchefs wird sehr deutlich, dass die Relationen nicht stimmig sind. Auch unter den Intendanten und Intendantinnen ist das Gehaltsgefüge aus dem Ruder gelaufen. So betrug das Jahreseinkommen von Radio-Bremen-Intendantin Yvette Gerner 270.000 Euro und das von MDR-Intendantin Karola Wille 275.000 Euro. Das Miniland Bremen umfasst 0,341 Mio. FS-Haushalte, im MDR-Sendegebiet sind es dagegen 4,316 Mio. und in ganz Deutschland 38,773 Mio.


Wie wollen die Abgeordneten in den 16 Landesparlamenten in den nächsten Monaten die Bürger von einer Gebührenerhöhung überzeugen, wenn das Spitzenpersonal beim ÖRR mehr verdient als Bundeskanzlerin, Bundespräsident, Ministerpräsidenten, Minister in Bund und Ländern? Und in Corona-Zeiten, müssen viele Arbeitnehmer auf Einkommen verzichten, Freiberufler und Klein-Unternehmer stehen vor der wirtschaftlichen Pleite. Alle Beteiligten beim ÖRR und in der Politik täten gut daran, auf eine Gebührenerhöhung zu verzichten und die Spitzengehälter auf max. 200.000 Euro zu begrenzen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und zudem könnten die Politiker und Politikerinnen auch die Bürger und Bürgerinnen befragen. Das wäre wahrlich demokratisch.

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