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Rundfunkbeitrag ist verfassungsgemäß – Zweitwohnsitz-Beitrag aber nicht


Illustration Simon Neufeld 


Bundesverfassungsgericht urteilt über den Rundfunkbeitrag – Politiker wollen aktiv werden

Der Rundfunkbeitrag ist im Großen und Ganzen mit dem Grundgesetz vereinbar. Bürger mit zwei Wohnungen, die den Beitrag bisher doppelt zahlen müssen, werden aber zu stark benachteiligt. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) mit dem Urteil am 18.7.2018 entschieden. Private Haushalte und Unternehmen müssen aber weiterhin den monatlichen Beitrag von 17,50 Euro zahlen. Betroffene der Zweitwohnsitz-Regelung können ab sofort einen Antrag auf Befreiung vom zweiten Beitrag stellen. Eine Neuregelung muss aber bis 2020 geschaffen werden.Seit einer Neuregelung im Jahr 2013 richtet sich die Höhe des Beitrags nicht mehr nach Art und Anzahl der Empfangsgeräte, sondern wird pro Haushalt erhoben. Die Richter des Ersten Senats hatten zu entscheiden, ob das neue Modell womöglich verfassungswidrig ist. Der Beitrag an sich stand in Karlsruhe aber nicht grundsätzlich zur Debatte. In dem Verfahren ging es zum einen um die Abwägung, ob der Beitrag formal als Steuer anzusehen ist. Zum anderen war zu klären, ob die pauschale Erhebung je Haushalt beziehungsweise Wohnung zulässig ist. In der Verhandlung im Mai hatten die Verfassungsrichter kritisch hinterfragt, ob der Beitrag wirklich alle Zahler in gleichem Maße belastet.

Nach dem BVG-Urteil steht das Grundgesetz einer Erhebung von Beiträgen nicht entgegen, die all jene an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung beteiligen, die von ihr, wenn auch nur potentiell, profitieren. Entscheidend sei das Angebot eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sagte Vize-Gerichtspräsident Ferdinand Kirchhof in Karlsruhe. „Die bundesweite Ausstrahlung der Programme gibt jeder Person in Deutschland die realistische Möglichkeit ihres Empfangs.“ Das rechtfertige eine zusätzliche finanzielle Belastung. Ob der Einzelne ein Empfangsgerät hat oder die Angebote nicht nutzen will, spielt demnach keine Rolle.

Das Argument der Kläger, dass es sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine Steuer handele, für die der Bund zuständig sei und nicht die Länder, wurde abgewiesen. Die Länder sind demnach zu Recht für die Beitragserhebung zuständig. Das Angebot von 94 ARD- u. ZDF-Programmen rund um die Uhr rechtfertige die zusätzliche finanzielle Belastung von Personen, die als Steuerzahler bereits die allgemeinen Staatsausgaben finanzierten, sagte Kirchhof. Auch daran, dass der Beitrag pro Wohnung gezahlt werden muss, störten sich die Verfassungsrichter nicht. Eine Anknüpfung an bestimmte Geräte sei angesichts der verschiedenen Empfangsmöglichkeiten heute nicht mehr praktikabel.

Zum Fall von Sixt (der Autovermieter zahlt pro Jahr 1,4 Mio. €) argumentierte das BVG, die Möglichkeit des Rundfunkempfangs vermittle dem Autovermieter einen Vorteil. Dass in Mietwagen Verkehrsmeldungen empfangen werden können, sei ein preisbildender Faktor im Mietwagengeschäft. Fahrzeuge dürfen als Orte, an denen das Rundfunkangebot für gewöhnlich besonders intensiv genutzt wird, also mit einem eigenen Teil-Beitrag von 70 € belastet werden, damit auch Unternehmer ohne Betriebsstätte erfasst werden.

Die Intendanten von ARD und ZDF haben das BVG-Urteil zum Rundfunkbeitrag begrüßt. Es sei „ein sehr gutes, wegweisendes Urteil“, sagte der derzeitige ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm nach der Urteilsverkündung in Karlsruhe. Es stärke die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Verfassungsrichter hätten den Sendern aber auch ins Stammbuch geschrieben, verantwortungsvollen Journalismus zu liefern. ZDF-Intendant Thomas Bellut sprach von einem „guten Tag“ für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland. Es sei „gut, dass über die Zulässigkeit des Beitrags jetzt höchstrichterliche Rechtsklarheit besteht“. Das Gericht habe aber auch klar gemacht, dass die Qualität des Angebots der Sender entscheidend sei. Das Urteil ermutige das ZDF deshalb, ernsthaft weiterzuarbeiten. Der ARD-Vorsitzende Wilhelm und ZDF-Intendant Bellut konnten die Höhe möglicher finanzieller Einbußen zunächst nicht beziffern. Wilhelm zeigte sich aber überzeugt, dass die Sender mit der vom Verfassungsgericht getroffenen Übergangslösung leben könnten. Die Entscheidung, die Beitragspflicht für Zweitwohnungen zu kippen, sei auch „nachvollziehbar begründet“.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), die die Rundfunkpolitik der Länder koordiniert, sagte, man wolle bald mit der Reform des Rundfunkbeitrags beginnen: „Die Länder werden die ihnen vom Gericht übertragene Aufgabe zügig angehen“. Zugleich sieht sie sich im Werben für den Beitrag bestätigt. „Für ARD, ZDF und Deutschlandradio besteht eine Finanzierungsgarantie“. Die Angebote der Sender müssten zukunftssicher finanziert werden. „Wir brauchen einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der zusammen mit den Privaten und den Zeitungsverlagen Qualitätsjournalismus in Deutschland sichert.“

Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra (CDU) bezeichnete das Urteil als „lang erwartete Klarstellung der Rechtslage“. Er sagte in Magdeburg: „Damit steht nunmehr die Verfassungsmäßigkeit der wichtigsten Finanzierungsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks endgültig fest.“ Robra fügte hinzu: „Die Rundfunkbeitragspflicht für Zweitwohnungen stellte sich aus unserer Sicht schon immer als Problem dar.“ Fest stehe, dass ein infolge des aktuellen Urteils möglicher Rundfunkbeitragsausfall kompensiert werden müsse, da andernfalls gegen die verfassungsrechtliche Finanzierungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verstoßen würde. Das könne nicht allein der Beitragszahler schultern, auch die Rundfunkanstalten müssten einen Sparbeitrag zur Schließung der Finanzierungslücke erbringen. Sachsen-Anhalt werde sich weiter intensiv dafür einsetzen, dass die Rundfunkanstalten mit ihren Einnahmen sparsam und wirtschaftlich umgehen und die Höhe des monatlichen Rundfunkbeitrags weiterhin stabil bleibt. Unter den 16 Ländern herrscht keine Einigkeit über die Höhe einer Anhebung des Beitrags von aktuell 17,50 Euro.

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