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Hans-Jürgen Kupka

Aus dem Innenleben der Landesrundfunkanstalten (ARD)


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„Der Koloß ARD (wird) irgendwann kollabieren“ und so, wie die ARD konstruiert ist, müsse sie immer „teurer und teurer werden, die können nicht reduzieren, weder die Verwaltungen noch die Redaktionen“, so Dieter Lesche (Ex-RTL-Chefredakteur, zuvor bei Radio Bremen und HR Frankfurt tätig) 1989 im SPIEGEL (Nr. 45/46). … So ist „das Behördendenken in den Funkhäusern“ weit verbreitet, „obwohl in keinem Rundfunkgesetz … steht, daß die Leute in den … Anstalten wie Finanzbeamte bezahlt, behandelt, befördert und beschützt werden sollten. Das hat sich dank der weitsichtigen Hinterlist der … Parteien eingebürgert, und nun sind die Journalisten von ihren Gönnern so abhängig wie höhere Beamte und leiden auch so gleichgültig“, so Ex-Chefredakteur E.Elitz (SDR Stuttgart).


Und Ex-WDR-Abteilungsleiter Berger: „Die in Jahrzehnten gewachsene Beamtenmentalität mache es den meisten ARD-Redaktionen unmöglich, auf den Wettbewerb mit Sinn und Verstand zu reagieren“. Ex-Intendant Kelm (HR) zum Punkt „Karriere mit Sitzfleisch“:„Wenn die Mechanismen, in höhere Positionen der Anstalten zu kommen, so verworren sind, wie sie sind, dann muß man sich nicht wundern, daß da welche ankommen, die da nicht hingehören“. Elitz weiter: „Diejenigen, die sich eine bestimmte Position erdient hätten, verdienten zuviel und machten zu wenig, während die jungen Engagierten nur wenig verdienen dürften, wir (ARD) bluten aus“. Sein Kollege, Ex-Chefredakteur von Sternburg (HR) führt aus: „Wir müssen an der Spitze Leute kriegen, die nicht die Fähigkeit, politisch richtigzuliegen, besitzen, sondern die Fähigkeiten eines guten Managers haben“. Er wäre froh, wenn die wichtigen Fragen „gelegentlich auch ohne Dilettantismus erörtert“ werden.


Leider stellte ein Unternehmensberater, welcher NDR-Führungskräfte schulen sollte, erstaunt fest, dass nur 20% geeignet seien: „Im Hause herrsche eine hochentwickelte Rechtfertigungskultur: Es werden exzellente Argumentationsketten entwickelt, warum man etwas nicht tut oder nicht ändert.“ Der SPIEGEL spricht von „Proporz-Nullen“, die „an den Schaltstellen“ sitzen, und weiter, „in den oberen drei Etagen der ARD-Hierarchie wird heftig aneinander vorbei gedacht: Die Intendanten denken, daß etwas passieren muß, trauen sich aber nicht; die Direktoren trauen sich nicht zu denken; und die Chefredakteure denken zwar viel, trauen sich aber gegenseitig nicht“. „Wir arbeiten nur Tagesordnungen ab, statt strategisch zu diskutieren“, so ein All-Ohnmächtiger, und Ex-Chefredakteur F.Pleitgen (WDR): „Der Föderalismus verhindert Innovationen“. Wie Föderalherren im Mittelalter pflegen die ARD-Hierarchen ihre Grenzen der (Rundfunk-) Herzogtümer.


Ein spezielles Problem stellt der Einfluss von Parteien und (Spitzen-) Politikern auf den (demokratischen) ÖR-Rundfunk dar. So beklagt sich Ex-BR-Chefredakteur H.Burghart: „Wir könnten bessere Journalisten haben und qualifiziertere Programme machen, wenn wir eine vernünftige Personalpolitik betreiben könnten“. Aber in allen Sendeanstalten regiert das „Proporzdenken“ und das befördert unfähige Leute wie F. Schönhuber zum Hauptabteilungsleiter (BR München) oder G. von Lojewski zum Intendanten (SFB Berlin), und einige Rundfunkräte sind stärker „als ein Intendant oder gar ein Chefredakteur. Da entscheiden Leute, die nicht immer den Einblick, den Durchblick, die Erfahrungen haben, um Entscheidungen treffen zu können“. War der Föderalismus (von den Westalliierten) als Schutz gegen politische Instrumentalisierung gedacht, leistet er aber dem Missbrauch Vorschub, wenn „ein Minister versucht die ARD zu regieren, unter dem Vorwand, ihrer demokratischen und föderalen Vielfalt“ dienen zu wollen.


Der Ex-ARD-Vorsitzende H.Kelm (HR) spricht Klartext: „Man muß die Rundfunkräte … von Interessengruppierungen möglichst befreien“, insbesondere von den Parteien. „Der Kern ist die … Partei, von der die Erkrankung ausgeht“, deshalb müssen die Parteienvertreter „raus aus den Rundfunkräten“. Aber, so der SPIEGEL: „Auf zwei Wegen haben die Parteien von den Landesfunkhäusern Besitz ergriffen: Sie haben die ursprünglich liberalen Rundfunkgesetze so lange novelliert, bis ihr Zugriff Gesetz wurde. Und sie haben aus den Vertretern der Allgemeinheit in den Rundfunkräten Zug um Zug Parteienvertreter gemacht, auch wenn die nicht immer ein Parteibuch in der Tasche oder Handtasche haben“, organisiert in den Freundeskreisen A (SPD) und B (CDU/CSU). So ist die Hauptaufgabe der Anstaltsräte, die Personalpolitik der Sender nach Vorgabe der Parteien zu regeln – vom Intendanten bis zum Volontär. Und so werden die Spitzenpolitiker wohl mit bewährter Strategie wissen, wie eine mögliche Entmachtung der Rundfunkräte verhindert werden kann.


„Aus der ARD ist in 40 Jahren genau das geworden, was sie nie werden sollte: Ein großer, verwirrter, abhängiger, hilfloser Klotz, der bei den ersten Zuckungen der privaten Konkurrenz in Ohnmacht fällt“. Hier hat das Hamburger Magazin SPIEGEL mehr als nur ein wenig übertrieben, aber die Infantilisierung des Programms wird bald ihren Höhepunkt erreicht haben. Die ARD-Planer sind sich einig in ihrer Ratlosigkeit, „statt über Programme, wird in der ARD lieber über das Programmschema debattiert: Wir sind wie ein Warenhaus, das immer neue Regale aufstellt und gar nicht weiß, was für Produkte es da reinstellen soll“, so E.Elitz (SDR) über die Diskussion zum „Programmschema 1991“. Das Ergebnis: Kürzung der Informationssendungen um 1.050 Min. und Ausweitung der Serien-Schnulzen um 3.510 Minuten. Am Ende gerät „die Verblödungsspirale und die heimtückische Verelendungsspirale“ in allen Programmen in volle Fahrt. Es war Helmut Kohl (CDU), der mit dem Ruf der „Meinungsvielfalt“ das private Fernsehen etablierte, und dann „vervielfältigten die neuen Kanäle das einfältige der alten Kanäle, und nun vervielfältigt die ARD (und das ZDF) das Vervielfältigte so lange“, bis u.a. CSU-Spitzenpolitiker und Ex-ZDF-Verwaltungsrat, E.Stoiber aus München, keine wesentlichen Unterschiede zwischen ARD & RTL, ZDF & Sat.1 mehr feststellen kann, um dann logischerweise die Abschaffung oder die „radikale Reduzierung“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzufordern. Damit erhöht sich der Druck auf ARD und ZDF in allen Bereichen und auf allen Ebenen bis hin auf Himalaya-Niveau.


Auszug aus dem Reform-Konzept „Rundfunk-Agenda 2020“ (XII. Der Rundfunk für die Zukunft) v. 28.12.2017

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